Mittwoch, 8. Juli 2015

Ernst-Jandl-Preis für Lyrik


Im Jahr 2001 wurde zum ersten Mal der Ernst-Jandl-Preis für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der deutschsprachigen Lyrik vergeben. Seither wird er im Zwei-Jahres-Rhythmus in Neuberg an der Mürz (Steiermark, Österreich) an einen international anerkannten, deutschsprachigen Schriftsteller verliehen. Eingerichtet wurde der Lyrikpreis vom österreichischen BMUKK (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur) in Gedenken an den Dichter Ernst Jandl (1925-2000), der sich durch seine hervorragenden Leistungen auf diesem Gebiet einen Namen gemacht hatte. Zu den aktuellen Mitgliedern der Jury zählen Paul Jandl, Alfred Kolleritsch, Friederike Mayröcker, Thomas Poiss und Klaus Reichert.



Bisherige Preisträger:



Abb. 1


2001
Thomas Kling (1957-2005)
Der germanistik-, geschichte- und kunstgeschichtestudierte Schriftsteller war neben seinen ausgezeichneten Texten auch besonders für den Performancecharakter seiner Lesungen bekannt. Unter den vielen Autoren, die ihn bei seiner Arbeit stark beeinflusst haben spielte auch Ernst Jandl eine große Rolle.
Abb. 2


2003
Felix Philipp Ingold (1942)
Der in Zürich und Romainmôtier lebende Autor, Journalist, Publizist und Übersetzer studierte Vergleichende Literaturwissenschaft, Slawistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Basel und Paris. Von seinem immensen Repertoire an literarischen Werken, wissenschaftliche Schriften, Übersetzungen und Herausgeberschaften zeugen zahlreiche Preise, darunter seit 2003 auch der Ernst-Jandl-Lyrikpreis.
Abb. 3


2005
Michael Donhauser (1956)
Der österreichische Schriftsteller studierte in Wien Theologie, Germanistik und Romanistik und veröffentlichte seit 1986 zahlreiche Werke. Bekannt ist er neben seinen vielzähligen Erzählungen vor allem für seine Prosagedichte. Sein neuestes Werk heißt „Variationen in Prosa“ und ist im März 2013 erschienen.
Abb. 4


2007
Paul Wühr (1927)
Der in München geborene Autor zählt durch die enorme Bandbreite seiner Werke zu den außerordentlichsten und ansehnlichsten Schriftstellern experimenteller Gegenwartsliteratur. Großen Ruhm erlangte er vor allem durch seine Hörspiele und durch seine umfangreichen Großpoemen und Gedichtzyklen.
Abb. 5


2009
Ferdinand Schmatz (1953)
Der in Wien lebende Germanist und Philosoph ist Veröffentlicher von zahlreichen lyrischen Werken, Prosa, Essays, Hörspielen sowie Theaterstücken. 1995/96 selbst Jurymitglied des Bachmann-Wettbewerbs erhielt er neben zahlreichen anderen Preisen auch 2009 die Auszeichnung in Form des Ernst-Jandl-Preises für seine Lyrik.
Abb. 6


2011
Peter Waterhouse (1956)
Der in Berlin geborene Schriftsteller studierte in Wien und in Los Angeles (USA) Germanistik, Anglistik und Philosophie und ist Publizist von etlichen lyrischen Werken, Essays, Erzählungen, Romanen, Theaterstücken. Nebenbei arbeitet er als Übersetzer aus dem Englischen und Italienischen und auch seine Texte werden in zig Sprachen übersetzt.
Abb. 7
2013
Elke Erb (1938)
Die bisher einzige weibliche Preisträgerin lebt seit 1966 freiberuflich in Berlin. Sie ist als Lektorin, Schriftstellerin und Übersetzerin tätig. Zu ihren Werken zählen Nachdichtungen (vor allem aus dem Russischen), lyrische Texte und Kurzprosa, Übersetzungen, Herausgaben und prozessuale Texte.




Der diesjährige Preisträger:



Abb. 8
2015
Franz Josef Czernin (1952)
Franz Josef Czernin wurde in Wien geboren und lebt heute in Rettenegg (Steiermark, Österreich). Von 1971-1973 studierte er an der Universität von Indiana (USA). Seit 1978 veröffentlicht er Texte in Prosa und Lyrik, Essays und Aphorismen, wobei sich unter seinen auch theoretische und kritische Schriften befinden. Er entzieht sich bewusst avantgardistischer und postmoderner Dichtung und versucht mit seinen Werken eine Art Untersuchung von universalen Möglichkeiten zu schaffen.









Quellenverzeichnis:

Internetquellen:

http://www.kunstkultur.bka.gv.at/site/cob__54437/8101/default.aspx [21.06.2015]

https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst-Jandl-Preis [21.06.2015]

https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Kling [21.06.2015]

http://www.lyrikwelt.de/hintergrund/kling-bericht-h.htm [21.06.2015]

https://www.perlentaucher.de/autor/felix-philipp-ingold.html [21.06.2015]

https://www.perlentaucher.de/autor/michael-donhauser.html [21.06.2015]

http://www.paul-wuehr-gesellschaft.de/portrait/ [21.06.2015]

http://www.haymonverlag.at/page.cfm?vpath=autoren/autor&upi=674 [21.06.2015]

http://jungundjung.at/content.php?id=3&a_id=44 [21.06.2015]

http://www.kunstkultur.bka.gv.at/site/cob__54055/8101/default.aspx#a2 [21.06.2015]

http://www.onb.ac.at/sammlungen/litarchiv/bestaende_det.php?id=czernin [21.06.2015]

https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Josef_Czernin [21.06.2015]





Abbildungsverzeichnis:

Abb. 1: Thomas Kling: http://www.dumont-buchverlag.de/media/5/thumbnails/Kling.JPG.1732.JPG [21.06.2015]

Abb. 2: Felix Philipp Ingold: http://www.viceversalitterature.ch/images/uploads/author_picture/_resized/Ingold.jpg [21.06.2015]

Abb. 3: Michael Donhauser: http://www.engeler.de/M.D.col_0139.jpg [21.06.2015]

Abb. 4: Paul Wühr: http://www.gwk-online.de/kuenstler/artists/wuehr_p.jpg [21.06.2015]

Abb.5: Ferdinand Schmatz: http://www.dieangewandte.at/img/medienkunst/schmatzbio.jpg [21.06.2015]

Abb. 6: Peter Waterhouse: http://www.brown.edu/academics/literary-arts/sites/brown.edu.academics.literary-arts/files/imagecache/la-170-wide/peterwaterhouse_0.jpg [21.06.2015]

Abb. 7: Elke Erb: http://www.engeler.de/elkeerbkorr.jpg [21.06.2015]

Abb. 8: Franz Josef Czernin: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/cc/Franz_Josef_Czernin-5924_(9756866222).jpg/220px-Franz_Josef_Czernin-5924_(9756866222).jpg

Autorenportät von Ernst Jandl (1925-2000)



Der Dichter Ernst Jandl wurde am 1. August 1925 in Wien geboren. Er stammte aus einer kleinbürgerlichen Familie, die sich weniger für Politik als vielmehr für Kunst interessierte. 
Ernsts Mutter schrieb seit ihrer tödlichen Erkrankung, woraufhin auch ihr Sohn zu dichten begann und sein Schreiben nach dem Tod der Mutter 1940 auch zu ihrem Gedächtnis fortführte. 
Der Krieg war für den Jugendlichen eine ständige Bedrohung, er entzog sich der Hitlerjugend und interessierte sich für Jazz. Seinen Einsatz an der Front zögerte er so lang als möglich hinaus, 1944 wurde er aber doch eingerückt, er desertierte und kam in englische Kriegsgefangenschaft. Dadurch verbesserte er sein Englisch und las erstmals Ernest Hemingway und Gertrude Stein. 
Im August 1946 wurde er aus der Gefangenschaft entlassen, er begann sofort Germanistik und Anglistik zu studieren. 1949 begann er, als Lehrer zu arbeiten und er heiratete Roswitha Birthi. Er stellte zunehmend die Vereinbarkeit seines bürgerlichen Lebens mit seinem literarischen Schreiben in Frage und als er 1954 Frederike Mayröcker kennenlernte, entschied er sich für eine Lebensgemeinschaft mit ihr. Über die Dichterin kam er in Kontakt mit der Wiener Gruppe um H. C. Artmann, mit der er viele Gemeinsamkeiten, aber auch Differenzen hatte. Einig waren sich die Dichter, dass sie sich von der, vom NS-Regime geförderten und nach dem Krieg weitergeführten, Kunst durch neue Formen abheben wollten.   
Ab 1957 arbeitete Jandl an den Experimenten, wie beispielweise an dem Gedicht Schtzngrmm, die Öffentlichkeit ächtete ihn und es war ihm einige Jahre lang nicht möglich, zu publizieren. Ab den 1960er Jahren gewann Jandl durch seine Lesungen an Popularität, auch wenn er weiterhin sehr umstritten war. Ab den 1970ern veränderte sich der Inhalt seiner Texte und sein Fokus lag nun auf der Erkundung seiner selbst und autobiographischen Erinnerungen. Die Abgeschiedenheit und Isolation als Künstler machten Jandl gleichzeitig schwer zu schaffen, er litt unter Magengeschwüren und Depressionen. 
1979 wurde er aus gesundheitlichen Gründen vom Lehrberuf pensioniert, zuvor war er immer wieder einmal ein Jahr lang nicht im Dienst gewesen, woraufhin er sich nicht mehr in den Schulbetrieb integrieren konnte. 
Ab den späten 70er Jahren wurde Jandl unter anderem mit dem Georg-Büchner Preis und dem großen Österreichischen Staatspreis für sein Werk gewürdigt. Am 9. Juni 2000 verstarb der Dichter in Wien.

Ernst Jandl verfasste nicht nur Gedichte, sondern auch Prosa, zwei Theaterstücke, Hörspiele und Übersetzungen. Das musikalische Moment in seinen Gedichten regt viele Musiker zu Verarbeitung seiner Werke an. Seine Gedichte sind einerseits politisch und andererseits Sprachspiele, die mit Buchstaben, Lauten und Silben arbeiten. Die Suche nach immer neuen Möglichkeiten des Ausdrucks führte zum Verlassen der konventionellen Formen. Erst durch seine Lesungen wurde die Wirkung seiner Lautgedichte entfaltet. In seiner visuellen Poesie verwendete Jandl beispielsweise die Kleinschreibung als durchgehendes Gestaltungsmittel, das Druckbild der Gedichte wurde grafisch komponiert. Der Dichter benutzte Dialekte oder die Kindersprache, kreierte Neologismen und brach mit den Regeln der Grammatik. In der Schule ist der außergewöhnliche Dichter nach wie vor präsent und er beeinflusst die österreichische Literatur als Vorbild für eine neue Generation von Lyrikerinnen und Lyrikern.







Quellen:

Mürzer Gespräche zur Kunst - Ein Mysterium

Den Auftakt zu den Ernst-Jandl-Lyriktagen, die 2015 wiederum in Neuberg an der Mürz stattfanden, bildete ein Diskussionsgespräch mit Peter Rosei, der die Ernst-Jandl-Dozentur für Lyrik innehatte. Er verfolgte in seinen Statements einen rezipientenorientierten Zugang zu Lyrik und ging von einem Leser-Autor-Pakt aus, also einer Verbindung die LeserInnen mit AutorInnen bzw. deren Texten eingehen. Die „Wahrheit“  eines Werks verortete er als abhängig vom Autor / der Autorin. Für das Publikum war es schwierig der Argumentationslinie zu folgen, vor allem, wenn man die Lyrik-Vorlesungen von Rosei nicht kannte und keine klare Vorstellung seines poetologischen Verständnisses hatte.


Die Zuhörenden wurden außerdem mit dem Drei-Kugel-Modell Roseis bekannt gemacht wonach in der äußersten Kugel die äußeren Wahrheiten lägen, in der inneren Kugel die psychischen Prozesse des Autors und im Kern die Schicht der literarischen Technik. Große Fragezeichen waren in den Augen der Zuhörenden zu sehen.


Zur Stellung der Kunst konstatierte der Autor, Kunst sei Realitätssuche. Der Autor ordne im Schreiben seine Eindrücke von Realität und schaffe so (seine?) Wahrheit und Ordnung in seinem Konstrukt. Empathie und analytisches Denken sieht Rosei als zwei unvereinbare Gegensätze. Auf die Frage, ob diese Pole nicht eher wie Intervalle funktionieren, meinte Rosei, dies zu vereinen sei die Leistung des Dichters.


Ein langer Teil des Gesprächs drehte sich um Begriffe wie „Diskurs“, die allerdings nicht geschärft wurden und so als beängstigende Abstrakta über den Köpfen der Zuhörenden schwebten. Viel Raum und Staunen nahm auch die These Roseis ein, dass Kunst kein Diskurs sei. Vor allem die „Schwammigkeit“ von theoretischen Begriffen, machte es nicht leicht, der Argumentationslinie Roseis zu folgen, am Ende wurden die ZuhörerInnen mit vielen unbeantworteten Fragen und Unklarheiten zurückgelassen.

Ernst-Jandl-Lyrik-Tage-Buch



Freitag, 12. Juni:
17:30 Uhr: Die erste Veranstaltung der Lyriktage nennt sich Mürzer Gespräche zur Dichtung, bei der im Gemeindesaal im Stift Münster Peter Rosei, der momentan die Ernst-Jandl-Dozentur für Dichtung innehat, Thomas Eder, Professor am Institut für Germanistik an der Universität Wien, und Kurt Neumann, der zum Beispiel das Programm der alten Schmiede erstellt, über Dichtung diskutieren. Sprache ist voll von dynamischen Bildern und Musik, Pakte werden geschlossen und wir bewegen uns von Kugel zu Kugel zu Kugel – von der realen Welt zu den psychischen Prozessen des Autors zum Werkzeug des Schreibens. Geschwätzigkeit sei das Letzte, meint Rosei und dreht sich weiter im Kreis um die Kunst, Diskurse, Empathie und das Denken. Am Ende rauchen die Köpfe, der Redaktion stehen die Fragezeichen ins Gesicht geschrieben und viele Begriffe – wie der der Kunst oder des Diskurses – bleiben ungeklärt. Lyrik-Vorlesungen sind, so Rosei, nur Versuche, teilweise zu sagen, was hier vorgehe. Er könnte es ein wenig verständlicher sagen. Auf Seite XX ist eine kritische Reflexion von Doris Mayer über diesen Vortrag nachzulesen.


19:30 Uhr: Wir wechseln in die Pillhofer Halle, in der Christian Muthspiel eine Soloperformance nach Lyrik von Ernst Jandl gibt. Ohne Pauken und Trompeten, aber mit einigen Loopstations, Klavier, Posaune, Stimme und allerlei Pfeifen webt Muthspiel im Schweiße seines Angesichts wunderbare Klangteppiche. Ganz vertieft in seine orchestralen Stücke verrenkt er sich gekonnt zwischen den Instrumenten, vom Band hört man Jandls unverkennbare Lesungen. Die Stimmung und der Stil wechseln unaufhörlich von Vogelgezwitscher über Jazz bis zum Jodeln. Die Redaktionen sind alle durch die Bank sehr beeindruckt. 


Samstag, 13. Juni:
10:00 Uhr: Der erste Block von Lesungen beginnt, vom Jurymitglied des Ernst-Jandl-Preises Paul Jandl, nicht mit dem Namensgeber der Veranstaltung verwandt, moderiert. Uljana Wolf liest aus Falsche Freunde und meine schönste Lengevitch zum Wasserglas. Mit musikalischer Stimme malt sie wunderschöne Bilder, Wortkaninchen werden von Philosophen im Schlafanzug aus dem Hut gezogen und die Autorin geht „ins Tingeltangel language angeln“. Darauf folgt Ulf Stolterfoht mit Was Branko sagt, ein Text, indem sich viele Holzknechte und andere Menschen auf den Weg machen, zum Beispiel in die „Eichhörnchenstadt“. Monika Rinck liest aus Hasenhass und Honigprotokolle, es geht um Heiterkeit, Quallen-Quartette und darum, dem Grund auf den Grund zu gehen.
Nach einer kurzen Mehlspeisenpause zum Kopf-Durchlüften geht es weiter mit Nadja Küchenmeister und Gedichten aus ihrem Werk Unter dem Wacholder, mit klaren, nüchternen Worten beendet sie ihre Lesung mit der Zeile „Alle sprachen ohne Grund“. Michal Hammerschmid liest kürzere Texte aus die drachen die lachen. Kindergedichte, spielt mit Lautstärken und eingängigen Reimen. Fazit: ein abwechslungsreicher erster Lesungsblock mit vielen verschiedenen, spannenden Autoren. 






14:30 Uhr: Der zweite Lesungsblock wird von Klaus Reichert, ebenfalls einem Jurymitglied, moderiert, der den Dichtern nach der Lesung auch ein paar Fragen stellt. Simone Kornappel liest mit eindringlicher Stimme aus Raumanzug Würfeltexte, die ohne Kohärenz von jeder der sechs Seiten aus gelesen werden können sollen. Die Themen, wie Androiden, sind aktuell und spannend, die Inszenierung etwas gewöhnungsbedürftig. Jan Volker Röhnert spielt in seinem Werk Wolkenformeln mit Erwartungen und Widersprüchen und malt schöne Sprachbilder wie von den „Sprechblasen ausgetretener Kaugummis“. Silke Scheuermanns Gedichte aus Skizze vom Gras tragen Titel wie „Der Dodo“ oder „Die Wandertaube“ – ausgestorbene Tiere, die in den Texten durch Gentechnik wieder auf der Erde wandeln und unseren Kindern als Spielkameraden dienen werden. In der kurzen Pause werden viele Bücher gekauft und Autoren zu Kurzinterviews und Signaturen abgepasst. Danach liest Matthias Göritz aus seinem Sonetten-Kranz Automobile, in denen technische Details zum Autodiebstahl auf eine Roadmovie-Liebesgeschichte treffen. Die durchkomponierte Sprache mit Bezügen auf Musikstücke ist wunderschön. Der Lesungspart endet mit Oswald Egger mit Texten voller Neuschöpfungen wie „Filzegspinstes Ungezwirn“ aus Euer Lenz, der Schlusssatz lautet: „Ich habe nicht übertrieben viele Stieglitze gesehen.“ Vögel sind auf diesen Lyriktagen wohl überall, zumindest abwesend.
19:00 Uhr: Neben der Pillhofer Halle werden vor dem Regen geschützt zunächst Wein und Brötchen gereicht, dann beginnt die Preisverleihung mit einer Begrüßung durch den Bürgermeister Peter Tautscher (der Herr Staatssekretär lässt sich entschuldigen), darauf folgt eine etwas ausschweifende Laudatio von Thomas Poiss: „Kunst hat die Funktion, dass Fesseln gesprengt und abgestreift werden, wo sie zuvor nicht wahrgenommen wurden.“ Schön. Die Jury verleiht den Preis und schließlich liest endlich der Preisträger Franz Josef Czernin. Dabei werden die Gedichte zum Mitlesen auch auf einen Beamer projiziert, was das Verständnis erheblich erleichtert. Texte aus William Shakespeare. Sonnets, Übersetzungen, zungenenglisch. visionen, varianten und elemente, sonette trägt der Dichter mit bedächtiger, ergreifender Stimme vor. Jeden Text (außer den Übersetzungen) liest Czernin in unterschiedlichen akustischen Realisationen, die erst Verständnis ermöglichen. So wird beispielsweise „hautnah erzählend“ zu „hautnah Herz elend“ oder der „Vogelort“ zum „Vogel-Lord“. Die Redaktion ist begeistert. 





Sonntag, 14. Juni:
11:00 Uhr: Die Lyriktage enden mit einer Diskussion zum Thema Poesie und Erkenntnis, bei der sich Thomas Eder, Wolfram Pichler, Experte zur Bildtheorie vom Institut Kunstgeschichte, Klaus Reichert  und Franz Josef Czernin ins Gefecht stürzen. Die Debatte kommt von Ontologie, über Sprech- und Geschlechtsakte, Sprachvergleiche mit dem Englischen, Proust und Dante vom Hundertsten ins Tausendste. Vor allem das Wörtchen „blizzakt“ aus Czernins zungenenglisch wird analysiert, Interpretationen wie von einem Autounfall werden angeboten. In einem zweiten Teil werden Fragen aus dem Publikum besprochen, was der Verständlichkeit sehr zuträglich ist. Es wird viel gelacht und in wohlwollender Atmosphäre werden die Lyriktage beendet. 








Fazit:
Mit unzähligen abgestaubten Gedichtbänden, einigen Kilos mehr auf den Rippen dank den Buffets und dem „Borkenkäfer“, einem Schlafdefizit und vielen besonderen Eindrücken kehrt die Redaktion heim. Besonders die musikalische Performance und die Lesungen haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wir meinen: Es gehört mehr gejandelt!