Den Auftakt zu den Ernst-Jandl-Lyriktagen, die 2015
wiederum in Neuberg an der Mürz stattfanden, bildete ein Diskussionsgespräch
mit Peter Rosei, der die Ernst-Jandl-Dozentur für Lyrik innehatte. Er verfolgte
in seinen Statements einen rezipientenorientierten Zugang zu Lyrik und ging von
einem Leser-Autor-Pakt aus, also einer Verbindung die LeserInnen mit AutorInnen
bzw. deren Texten eingehen. Die „Wahrheit“
eines Werks verortete er als abhängig vom Autor / der Autorin. Für das
Publikum war es schwierig der Argumentationslinie zu folgen, vor allem, wenn
man die Lyrik-Vorlesungen von Rosei nicht kannte und keine klare Vorstellung
seines poetologischen Verständnisses hatte.
Die Zuhörenden wurden außerdem mit dem Drei-Kugel-Modell
Roseis bekannt gemacht wonach in der äußersten Kugel die äußeren Wahrheiten
lägen, in der inneren Kugel die psychischen Prozesse des Autors und im Kern die
Schicht der literarischen Technik. Große Fragezeichen waren in den Augen der
Zuhörenden zu sehen.
Zur Stellung der Kunst konstatierte der Autor, Kunst sei
Realitätssuche. Der Autor ordne im Schreiben seine Eindrücke von Realität und
schaffe so (seine?) Wahrheit und Ordnung in seinem Konstrukt. Empathie und
analytisches Denken sieht Rosei als zwei unvereinbare Gegensätze. Auf die
Frage, ob diese Pole nicht eher wie Intervalle funktionieren, meinte Rosei,
dies zu vereinen sei die Leistung des Dichters.
Ein langer Teil des
Gesprächs drehte sich um Begriffe wie „Diskurs“, die allerdings nicht geschärft
wurden und so als beängstigende Abstrakta über den Köpfen der Zuhörenden
schwebten. Viel Raum und Staunen nahm auch die These Roseis ein, dass Kunst
kein Diskurs sei. Vor allem die „Schwammigkeit“ von theoretischen Begriffen,
machte es nicht leicht, der Argumentationslinie Roseis zu folgen, am Ende
wurden die ZuhörerInnen mit vielen unbeantworteten Fragen und Unklarheiten zurückgelassen.
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